Berlin () – Angesichts des Vorwurfs, der Bundesnachrichtendienst (BND) habe die Bundesregierung über den Aufstand der Wagner-Gruppe von Jewgeni Prigoschin in Russland erst informiert, als dieser schon im Gange war, haben ehemalige Präsidenten der Behörde die Politik kritisiert. Gerhard Schindler, der den BND von 2011 bis 2016 geleitet hatte, sagte der „Welt am Sonntag“: „Bei den vielen Kontrollstufen, Zustimmungsvorbehalten, Genehmigungsverfahren, Prüfvorgaben, Eingriffsvoraussetzungen und fehlenden Befugnissen muss man sich nicht wundern, wenn ein Auslandsnachrichtendienst zur Bundeszentrale für geopolitische Bildung mutiert.“
Eine Umwandlung eines operierenden Nachrichtendienstes in eine mit sich selbst beschäftigte Verwaltungsbehörde sei politisch gewollt, vermutete Schindler. „Die erste Phase ist die gezielte Schwächung des Dienstes. Die zweite erleben wir jetzt, nämlich nach der Umwandlung in einen zahnlosen Tiger wird diese bewusst herbeigeführte Leistungsschwäche kritisiert. Die dritte Phase folgt dann zwangsläufig, nämlich die Forderung nach der Abschaffung des BND.“
Ex-BND-Präsident August Hanning sagte der „Welt am Sonntag“: „Viele Parlamentarier sind stolz darauf, dass der Dienst der am besten kontrollierte der Welt ist. Aber kaum jemand fragt nach der Effizienz.“ Der BND leide unter zu viel Bürokratie, zu wenig Rückhalt durch die Politik und nicht ausreichenden Befugnissen. „Bei allen unseren Verbündeten werden Nachrichtendienste als elementar wichtig für die nationale Sicherheit angesehen. In Deutschland gelten sie – überspitzt gesagt – als Sicherheitsrisiko, das man einhegen und so scharf wie möglich kontrollieren muss.“
Kritik am BND übt hingegen der SPD-Bundestagsabgeordnete Uli Grötsch. „Nach der „unbemerkten“ Machtergreifung der Taliban in Afghanistan, dem Skandal um einen Doppelagenten vom Dezember letzten Jahres und dem Anschlag auf die Nord-Stream-2-Pipeline wirft die aktuelle Berichterstattung erneut ein schlechtes Bild auf die Vernetzung des BND mit anderen, großen Nachrichtendiensten“, so Grötsch, der Mitglied im für Nachrichtendienste zuständigen Parlamentarischen Kontrollgremium (PKGr) sitzt. Er kündigte an, der BND müsse sich in dessen nächster Sitzung unbequemen Fragen stellen.
Laut Medienberichten sollen die US-Geheimdienste bereits Tage vor dem Aufstand im Bilde gewesen sein. Laut der „Welt am Sonntag“ hatten sie ihre Erkenntnisse jedoch nicht mit dem BND geteilt.
Text-/Bildquelle: | Übermittelt durch www.dts-nachrichtenagentur.de |
Bildhinweis: | Bundesnachrichtendienst |
Zusammenfassung
– Der Bundesnachrichtendienst (BND) soll die Bundesregierung spät über einen Aufstand der Wagner-Gruppe in Russland informiert haben.
– Ehemalige BND-Präsidenten kritisieren Politik für mangelnde Unterstützung und zu starke Kontrollen des BND.
– Gerhard Schindler, der den BND von 2011 bis 2016 leitete, deutet auf eine politisch gewollte Umwandlung des BND in eine Verwaltungsbehörde hin.
– Schindler spricht von drei Phasen: gezielte Schwächung des Dienstes, Kritik an der resultierenden Leistungsschwäche, gefolgt von Forderungen nach Abschaffung des BND.
– Ex-BND-Präsident August Hanning sagt, der BND leide unter Bürokratie und unzureichenden Befugnissen. Er stellt die Effizienz des Dienstes in Frage.
– Kritik am BND übt SPD-Bundestagsabgeordneter Uli Grötsch. Er fordert Aufklärung über die „unbemerkte“ Machtergreifung der Taliban in Afghanistan, einen Doppelagenten-Skandal und einen Anschlag auf die Nord-Stream-2-Pipeline.
– Berichte legen nahe, dass US-Geheimdienste vorzeitig vom Aufstand wussten, dies aber nicht mit dem BND teilten.
Fazit
Ehemalige Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes (BND) kritisieren die Politik und führen Mängel in der Struktur des BND auf politische Entscheidungen zurück. Sie glauben, dass die Umwandlung des Nachrichtendienstes in eine Verwaltungsbehörde, die in zu viel Bürokratie verwickelt ist, politisch gewollt ist. Diese Situation führe zu einer Schwächung des BND, der dann kritisiert würde, was letztlich zu Forderungen nach seiner Abschaffung führen könnte. Zudem wurde der BND dafür kritisiert, die Bundesregierung erst über den Aufstand der von Jewgeni Prigoschin in Russland geführten Wagner-Gruppe informiert zu haben, als dieser bereits im Gange war. Uli Grötsch, SPD-Bundestagsabgeordneter, kritisierte den BND für sein schlechtes Netzwerk mit anderen Nachrichtendiensten.
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