Merkels Chefökonom: EU sollte Trump ihre Folterinstrumente zeigen
Berlin () – Lars-Hendrik Röller, früherer Chefökonom von Ex-Kanzlerin Angela Merkel (CDU), fordert ein selbstbewusstes Auftreten der EU in den Handelsgesprächen mit der US-Regierung.
„Wir dürfen uns unsere Standards nicht diktieren lassen“, sagte Röller dem „Spiegel“. Zwar seien bestimmte EU-Regularien für US-Unternehmen nur schwer zu erfüllen, beispielsweise im Automobilbereich. „Präsident Trump interpretiert das als Wettbewerbsnachteil und antiamerikanisch“, so Röller. „Aber Europa kann doch nicht seine Standards aufweichen, nur weil Trump eine Drohkulisse aufbaut.“
Brüssel habe zudem die Mittel, sich zu behaupten. „Die EU hat heute viel schärfere Instrumente als während Präsident Trumps erster Amtszeit“, sagt Röller, der heute an der privaten European School of Management and Technology in Berlin lehrt. So könnte die EU-Kommission gegen Unternehmen vorgehen, die in der EU aktiv sind und von der US-Regierung subventioniert werden oder auch nur Steuervorteile erhalten.
Möglich sei auch, US-Unternehmen in bestimmten Fällen von öffentlichen Aufträgen auszuschließen. „Die Amerikaner haben schließlich auch ihr `Buy American`-Programm.“ Dennoch warnt der Ökonom die EU davor, gegenüber Trump handelspolitisch die Muskeln spielen zu lassen. Er plädiert für einen anderen Ansatz. „Wichtig ist, mit ihm immer so zu verhandeln, dass er als Gewinner dastehen kann“, sagte Röller. „Ob er es dann wirklich ist oder nicht, ist eine ganz andere Frage.“
Röller nahm zudem die ehemalige Kanzlerin vor dem Vorwurf in Schutz, Deutschlands Strukturkrise mitverschuldet zu haben. „Dem Land ging es ja insgesamt gut“, sagte er. „Veränderungen politisch anzustoßen, ist dann nicht so einfach.“ Das sehe man etwa beim Klimaschutz. „Die Folgen sind für die meisten Menschen – insbesondere in Deutschland – immer noch kaum spürbar“, so Röller. „Deshalb ist die Bereitschaft, sich zu ändern, überschaubar.“
Kritiker werfen Merkel vor, sie habe in den 16 Jahren ihrer Regierungszeit zu sehr auf die Einhaltung der Schuldenbremse geachtet und Investitionen in die Bundeswehr, den Schienenverkehr, die Digitalisierung und die Infrastruktur vernachlässigt. Zudem habe sie Deutschland in der Abhängigkeit von russischem Gas belassen, obwohl sie die Gefahr einer Aggression Russlands geahnt habe.
Durch die später sabotierte Pipeline Nord Stream 2 sei aber nie Gas geflossen, sagte Röller. Zudem hätten „sehr viele Länder in Europa vom billigen Gas aus Russland profitiert“. Sogar die Ukraine selbst habe noch 2019 mit dem russischen Staatskonzern Gazprom einen Vertrag abgeschlossen, um Gas durch die Ukraine nach Europa zu bringen. „Davon konnte auch die Ukraine finanziell profitieren“, sagte Röller. „Das war aus damaliger Perspektive vollkommen legitim.“
Den Vorwurf der Blauäugigkeit gegenüber Moskau weist Röller zurück. „Damals standen die Vorteile einer günstigen Energieversorgung im Vordergrund“, sagte der Ökonom. „Hätten wir die Abhängigkeiten reduziert, wäre das sehr teuer geworden, die Energiepreise wären gestiegen, die Inflation hätte angezogen.“ Erst durch Russlands Überfall auf die Ukraine sei vielen Menschen „die Tragweite dieser Abhängigkeit bewusst geworden“. Das gelte natürlich auch für die Politik. „Was wir heute wissen, wussten wir damals nicht.“
Text-/Bildquelle: | Übermittelt durch www.dts-nachrichtenagentur.de |
Bildhinweis: | Donald Trump (Archiv) |
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Wie heißen die Personen in diesem Beitrag?
Lars-Hendrik Röller, Angela Merkel, Donald Trump, Gazprom
Welche Organisationen oder Institutionen werden genannt?
CDU, EU, US-Regierung, Präsident Trump, European School of Management and Technology, EU-Kommission, Gazprom, Ukraine
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Nicht erwähnt
Wo spielt die Handlung des Artikels?
Berlin, Brüssel
Worum geht es in einem Satz?
Lars-Hendrik Röller, früherer Chefökonom von Angela Merkel, fordert ein starkes Auftreten der EU in Handelsgesprächen mit den USA und warnt davor, europäische Standards zu senken, während er gleichzeitig die Herausforderungen und Fehler der vergangenen deutschen Politik in Bezug auf Russland und strukturelle Investitionen thematisiert.
Was war der Auslöser für den Vorfall?
Der Hintergrund des beschriebenen Ereignisses ist die Forderung nach einem selbstbewussten Auftreten der EU in Handelsgesprächen mit der US-Regierung, insbesondere gegenüber Donald Trumps Handelsstrategien und seiner Auffassung, dass EU-Regularien als Wettbewerbsnachteil für US-Unternehmen wirken. Lars-Hendrik Röller betont die Notwendigkeit, europäische Standards nicht aufzugeben und plädiert für strategische Verhandlungen, um auch Donald Trump das Gefühl eines "Gewinners" zu geben.
Wie hat die Öffentlichkeit oder Politik reagiert?
Im Artikel fordert Lars-Hendrik Röller ein selbstbewusstes Auftreten der EU in Handelsgesprächen mit der US-Regierung und warnt davor, die eigenen Standards wegen Drucks von Präsident Trump aufzuweichen. Er schlägt vor, die EU solle als Gewinner aus den Verhandlungen hervorgehen und weist Kritiker an Angela Merkel zurück, indem er betont, dass die damalige Energieabhängigkeit von Russland aus einer wirtschaftlichen Perspektive verständlich war.
Welche Konsequenzen werden genannt?
Die Folgen oder Konsequenzen, die im Artikel erwähnt werden, sind:
Wettbewerbsnachteil für Europa, Aufweichen von Standards, mögliche Ausschlüsse von US-Unternehmen von öffentlichen Aufträgen, Preissteigerungen bei Energie, erhöhte Inflation, gesteigerte Bewusstheit über Abhängigkeiten, politische Herausforderungen beim Klimaschutz.
Gibt es bereits eine Stellungnahme?
Ja, im Artikel wird eine Stellungnahme von Lars-Hendrik Röller zitiert. Er fordert ein selbstbewusstes Auftreten der EU in den Handelsgesprächen mit der US-Regierung und betont, dass Europa seine Standards nicht aufweichen kann, nur weil Präsident Trump Druck ausübt. Röller warnt jedoch auch davor, gegenüber Trump handelspolitisch zu aggressiv aufzutreten und plädiert für Verhandlungen, bei denen Trump als Gewinner dastehen kann.
Berlin und seine Rolle in der europäischen Politik
Berlin ist das politische Zentrum Deutschlands und spielt eine entscheidende Rolle in der europäischen und internationalen Politik. Die Stadt ist bekannt für ihre politische Geschichte und ihr Engagement in der EU, was durch die aktuellen Handelsgespräche zwischen der EU und den USA unterstrichen wird. Mit wichtigen Institutionen wie dem Bundestag und dem Bundeskanzleramt ist Berlin der Schauplatz für viele bedeutende wirtschaftliche und politische Entscheidungen. Die Stadt zieht nicht nur politische Akteure an, sondern ist auch ein Knotenpunkt für Diplomatie und internationale Beziehungen. In einer Zeit, in der Europa sich global behaupten möchte, bleibt Berlin der Mittelpunkt dieser wichtigen Entwicklungen.
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