Russischer Botschafter: Sind in neuem und schärferem Kaltem Krieg
Berlin () – Aus Sicht des russischen Botschafters in Deutschland, Sergej Netschajew, ist der Kalte Krieg längst wieder Realität. „Einen Kalten Krieg haben wir bereits wieder, sogar in einer schärferen Form“, sagte Netschajew der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Donnerstagausgabe).
„In den 70er-Jahren haben sich immerhin ein politischer Dialog und eine wirtschaftliche Zusammenarbeit entwickelt. Jetzt ist alles praktisch auf null gesetzt.“ Dies sei nicht auf russische Initiative geschehen, fügte der Botschafter hinzu.
Zum 80. Jahrestag des Kriegsendes in Europa kritisierte Netschajew zudem die Erinnerungskultur an den Zweiten Weltkrieg. „Manchmal wird verschwiegen, dass die entscheidende Rolle in diesem Krieg die Rote Armee gespielt hat“, sagte der 71-Jährige der NOZ.
Seine Ausladung zum Gedenken im Bundestag kommentierte er mit: „Einen Tag der Befreiung ohne Befreier zu feiern, ist mindestens merkwürdig.“ In Russland sei die Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg „lebendig“ und „heilig“. Schließlich hätten 27 Millionen Sowjetbürger ihr Leben verloren: „Das können und werden wir nicht vergessen.“
Gleichwohl habe Russland „dem Versöhnungsprozess nach dem Krieg den Weg geebnet“, so der Botschafter: „Wir haben gegenseitig über den Kriegsgräbern die Hände ausgestreckt und den ehemaligen Feinden eine gute Nachbarschaft, Partnerschaft und Zusammenarbeit vorgeschlagen. Wir haben die Wiedervereinigung ermöglicht. Wir haben keine einzige Brücke mit Deutschland verbrannt.“
Den Begriff „Angriffskrieg“ für den Krieg in der Ukraine lehnte Netschajew erneut ab. „Wir haben diesen Krieg nicht angefangen – wir haben auf das Sicherheitsrisiko und auf die Unterdrückung und Terror gegen die russischsprachige Bevölkerung der ostukrainischen Regionen reagiert“, sagte er der NOZ.
Für Befürchtungen, dass Russland mit dieser Begründung auch andere Länder angreifen könnte, gebe es keinen Anlass. „Wir haben gesagt, dass wir keinen Konflikt mit den Nato-Ländern anstreben. Wir würden einen Krieg dann führen, wenn wir angegriffen werden“, sagte Netschajew.
Dass in Osteuropa die Erinnerung an den Hitler-Stalin-Pakt von 1939, in dessen Folge die Sowjetunion Ostpolen und die baltischen Länder besetzt hatte, bis heute Ängste schürt, sei ebenso unbegründet: Dies sei damals ein „erzwungener Schritt“ gewesen, der dazu gedient habe, „unsere Sicherheitsinteressen irgendwie zu garantieren und den Krieg, der ja schon an der Schwelle unseres Landes stand, ein bisschen zu verzögern“. Außerdem habe Polen nach dem Krieg „so viele Territorien bekommen, dass die Polen das kaum zu beklagen haben“.
Eine künftige europäische Friedensordnung ohne oder gar gegen Russland halte er für „praktisch kaum möglich“, sagte Netschajew. Russland plädiere für eine „eurasische Friedensordnung“, deren Konstruktion noch erarbeitet werden müsse. „Europa grenzen wir damit nicht aus“, sagte der Botschafter: „Aber wie es früher war, geht es wohl nicht mehr.“
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Botschaft von Russland (Archiv)
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Berlin und die geopolitischen Spannungen
Berlin, die Hauptstadt Deutschlands, steht im Zentrum vieler geopolitischer Diskussionen. Der russische Botschafter Sergej Netschajew hat kürzlich den Zustand der internationalen Beziehungen mit dem Kalten Krieg verglichen. In seinen Äußerungen betonte er die fehlende Basis für politischen Dialog und wirtschaftliche Zusammenarbeit. Diese Entwicklung wirft Fragen über Berlins Rolle in der geopolitischen Landschaft auf. Zudem ist Berlins gelebte Erinnerungskultur an den Zweiten Weltkrieg ein weiterer Aspekt, der tief in die Beziehungen zwischen Deutschland und Russland hineinreicht.
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