Kritik an geringem Schutz vor schädlichen Chemikalien

Brüssel () – Die Pläne der EU-Kommission zur Überarbeitung der Chemikalien-Verordnung (Reach) stoßen auf Kritik. Von ursprünglich großen Versprechen für weitreichende Verbote eventuell gesundheitsschädlicher Chemikalien ist laut aktuellen Recherchen des CHEM Trust und des European Environmental Bureau, über die der “Spiegel” berichtet, wenig übrig.


Angekündigt hatte die EU-Kommission, “die schädlichsten Chemikalien in Konsumgütern zu verbieten und nur noch dort zu erlauben, wo es keine Alternative gibt”. In einem bislang unveröffentlichten Dokument zur Folgenabschätzung der überarbeiteten Chemikalien-Verordnung, beinhaltet das ambitionierteste Szenario mittlerweile jedoch lediglich für die aller Konsumgüter, die die schädlichsten Chemikalien enthalten. Im mittleren Szenario würde die Zahl der Produkte mit den schädlichsten Chemikalien nur um zehn Prozent sinken, im zurückhaltendsten um ein Prozent. Der CHEM Trust und das European Environmental Bureau befürchten, dass sich die Mitgliedstaaten für eines der lascheren Modelle oder eines dazwischen entscheiden werden.

“Das Bewertungsdokument wird mit dem Reformvorschlag veröffentlicht. Es ist unwahrscheinlich, dass die beiden Dokumente im Widerspruch zueinander stehen werden”, heißt es von den Nichtregierungsorganisationen (NGOs). Dabei könnte eine lasche Regulierung hohe Gesundheitskosten verursachen, die etwaige Folgekosten für die Industrie deutlich übersteigen würden. Zuvor hatte ein fünfjähriges Großprojekt ergeben, dass erhebliche Teile der EU- stärker mit Schadstoffen belastet sind als nach jetziger Kenntnis empfehlenswert ist.

Für die Human Biomonitoring Initiative (HBM4EU) hatten Forscher die Schadstoffbelastung von mehr als 10.000 EU-Bürgern untersucht. Es bestehe “dringender Bedarf an politischen Maßnahmen”, schlussfolgerten die Beteiligten. “Die Chemikalienpolitik der EU ist nicht ausreichend, um alle Bürgerinnen und Bürger zuverlässig vor potenziell gesundheitsschädlichen Chemikalienbelastungen zu schützen”, sagte Marike Kolossa-Gehring vom Umweltbundesamt (Uba), die das Projekt koordiniert hat, dem “Spiegel”. “Ich wundere mich, dass der Aufschrei in der Bevölkerung bei dem Thema nicht viel größer ist.”

In der Diskussion stehen eine ganze Reihe Stoffe, die jeder mit der Luft einatmet, mit dem aus alten Leitungen oder der Nahrung aufnimmt. Neben Weichmachern, die in zu hohen Konzentrationen die männliche Fruchtbarkeit einschränken können oder Fettleibigkeit begünstigen, gehören etwa Bisphenol A oder Schwermetalle wie Cadmium dazu. Die diskutierten Schadstoffe stecken unter anderem in Möbeln, Tapeten oder und gelangen von dort in die Luft und den Hausstaub.

Text-/Bildquelle: Übermittelt durch www.dts-nachrichtenagentur.de
Bildhinweis: Lippenstift

Kritik an geringem Schutz vor schädlichen Chemikalien

Zusammenfassung

– EU-Kommissionspläne zur Überarbeitung der Chemikalien-Verordnung Reach stoßen auf Kritik
– Ursprüngliche Versprechen für weitreichende Verbote gesundheitsschädlicher Chemikalien in Konsumgütern wurden reduziert
– Ambitioniertestes Szenario plant nun ein Verbot für 50% aller Konsumgüter mit schädlichsten Chemikalien
– CHEM Trust und European Environmental Bureau befürchten Entscheidungen für laschere Modelle
– Lasche Regulierung könnte zu hohen Gesundheitskosten führen
– Forscher untersuchten Schadstoffbelastung von 10.000 EU-Bürgern, Ergebnisse zeigen dringenden Bedarf an politischen Maßnahmen
– Diskutierte Schadstoffe wie Weichmacher, Bisphenol A, Schwermetalle betroffen, vorhanden in Möbeln, Tapeten und Kosmetik

Fazit

Die EU-Kommission wird kritisiert, nachdem sie von früheren Versprechungen abgerückt ist, möglicherweise gesundheitsschädliche Chemikalien weitreichend zu beschränken. Laut dem CHEM Trust und des European Environmental Bureau wird das ehrgeizigste Szenario zur Überarbeitung der Chemikalien-Verordnung nun ein Verbot für die Hälfte aller Konsumgüter beinhalten, die die schädlichsten Chemikalien enthalten. Sie befürchten, dass die Mitgliedsländer sich für eines der weniger strengen Modelle entscheiden werden. Eine laxere Regulierung könnte hohe Gesundheitskosten verursachen, die die Folgekosten für die Industrie bei weitem übersteigen würden.

Deutsche Textservice Nachrichtenagentur GmbH
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