Warum ist Glyphosat eigentlich so umstritten?

Am 24. September 2017 wurde in Deutschland ein neuer Bundestag gewählt, aber eine Regierung gibt es bis heute nicht. Zuerst hat es nicht geklappt, vier Parteien zu einem Jamaika-Bündnis zu vereinen, jetzt wackelt die mögliche Große Koalition aus CDU/CSU und SPD. Schuld an diesen Problemen hat unter anderem ein Unkrautvernichtungsmittel namens Glyphosat, das für richtigen Zoff unter den möglichen Koalitionspartnern sorgt. Für die einen ist Glyphosat ein Segen, für andere aber ein Werk des Teufels, das vom Satan höchstpersönlich produziert wird.

Noch einmal fünf Jahre

Am Montag haben sich 18 von 28 EU-Ländern entschieden, das umstrittene Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat für weitere fünf Jahre in Europa zuzulassen. So umstritten wie diese Entscheidung ist auch das Mittel, das als sehr wirksam gilt und sehr preiswert ist. Es soll dabei helfen, weltweit die Ernten zu verbessern. Der Hersteller, das US-Unternehmen Monsanto, preist sich selbst als eine Art Heilsbringer für die Ärmsten der Armen dieser Welt, die dank Glyphosat reiche Ernten einfahren können. Leider hat Monsanto vergessen zu erwähnen, dass der Unkrautvernichter im Verdacht steht, Krebs zu erzeugen und die schwer zu schädigen.

Was sagt die Wissenschaft?

Wissenschaftliche Studien und Untersuchungen zum Thema Glyphosat gibt es viele, aber jede sagt etwas anderes. Als „wahrscheinlich krebserregend“ stufte die Internationale Krebsforschungsagentur der WHO im Frühjahr 2015 Glyphosat ein. Etwas anders sieht es die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA, sie findet keine Belege dafür, dass Glyphosat schädlich ist. Zu einem sehr ähnlichen Ergebnis kommen übrigens auch die Chemikalienagentur ECHA und das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung. Daher ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass der Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) am Montag in Brüssel für eine Verlängerung von Glyphosat gestimmt hat und damit die Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) sehr verärgerte. Schmidt sollte sich der Stimme enthalten, von einer Zustimmung war nicht die Rede, für die Koalitionsverhandlungen ist dieses Verhalten nicht eben förderlich. Der Landwirtschaftsminister hat sich mit dem Argument verteidigt, dass das Ergebnis bereits vor der Abstimmung feststand und seine Enthaltung nicht viel erreicht hätte.

Angst um die Umwelt

Die SPD spricht von einem „schweren Vertrauensbruch“, die Umweltschützer und Umweltschutzverbände sprechen von einer für die Umwelt. Fünf weitere Jahre darf Glyphosat auf die Felder gesprüht werden und sorgt damit weiterhin für das Sterben von Kräutern und Gräsern. Glyphosat vernichtet leider nicht nur Unkraut, sondern auch den Lebensraum von vielen Insekten, die am Rande der Ackerflächen leben. Die Insekten wiederum stellen die Nahrungsgrundlage für viele dar und damit beginnt ein Teufelskreis, aus dem es kein Entrinnen mehr gibt. Das in Deutschland ein Insektensterben begonnen hat, ist bekannt und auch die Zahl der Sing- und Feldvögel ist gesunken. Da Glyphosat weiter zum Einsatz kommt, ist damit zu rechnen, dass die Populationen bei den Insekten und auch bei den Vögeln noch weiter zurückgehen werden.

Monsanto – eine Firma mit schlechtem Image

Kaum ein anderes Unternehmen hat ein so schlechtes Image wie der amerikanische Konzern Monsanto. Immer wieder gehen Menschen rund um den Erdball auf die Straße, um gegen Monsanto und die große Macht zu protestieren, die dieses Unternehmen hat. Für Greenpeace ist die Geschichte von Monsanto „eine Skandalchronik“, obwohl das Unternehmen 1901 ganz klein und harmlos angefangen hat. Damals handelt der Gründer John Francis Queeny mit dem Süßstoff Saccharin, später kamen Desinfektionsmittel und schließlich andere Chemikalien dazu. 1926 gründete Queeny eine eigene Stadt mit eigenen Steuer- und Umweltgesetzen, die er Monsanto nannte. Im Laufe der Jahre wuchs das Unternehmen immer weiter an, drängte Rivalen vom Markt und erzielte märchenhafte Renditen. Als die Chemiker Glyphosat erfanden, schossen die Gewinne durch die Decke und Bayer war bereit, 66 für das so schlecht beleumdete Unternehmen zu zahlen. Vielleicht lässt Bayer den Namen Monsanto ganz verschwinden, aber das denkbar schlechte Image bleibt trotzdem.

Fazit

Nach Angaben von Monsanto oder Mon-Satan, wie Gegner den Konzern nennen, verwenden die Bauern weltweit Glyphosat freiwillig, niemand wird gezwungen. Dass Monsanto Konkurrenten vom Markt drängt und seine Monopolstruktur ohne Skrupel ausnutzt, davon ist natürlich keine Rede. In Europa werden die Bauern auch in den kommenden fünf Jahren zum Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat greifen, weil es einfach billiger und einfacher zu handhaben ist als die Mittel der Konkurrenz. Wie sich der Einsatz auf die Natur auswirkt, muss sich zeigen, dass sich die Umwelt darüber freuen wird, ist eher unwahrscheinlich.

Bild: @ depositphotos.com / fotogigi85

Warum ist Glyphosat eigentlich so umstritten?

Ulrike Dietz