Die Mehrzahl der Eltern ist davon überzeugt, dass ihr Kind nicht nur hübscher, sondern auch viel klüger als alle anderen, gleichaltrigen Kinder ist. Das ist normal, Eltern müssen nicht objektiv sein und dürfen die Realität ausblenden, wenn es um das eigene Kind geht. Schwierig wird es jedoch immer dann, wenn Eltern ihr vermeintlich so kluges Kind vorzeitig einschulen möchten. Vielleicht kann das Kind schon ein wenig rechnen und langweilt sich im Kindergarten, aber ob es wirklich reif für die Schule ist, darüber entscheiden nicht die Eltern.
Wissen ja, begreifen eher nein
Bevor es in die Schule geht, wird jedes Kindergartenkind auf seine Schulreife hin untersucht. Fachleute beurteilen, ob ein Kind tatsächlich für eine vorzeitige Einschulung reif genug ist. Es gibt einige Anhaltspunkte, die Eltern dabei helfen, die Situation richtig einzuschätzen. Kann ein Kind mit vier oder fünf Jahren leichte Rechenaufgaben lösen oder den eigenen Namen schreiben, dann hat das nichts mit einer hohen Intelligenz oder mit Frühreife zu tun. Viele Kinder können das bei älteren Geschwister aufschnappen und dann nachahmen. Kann das Kind zwischen „wissen“ und „begreifen“ unterscheiden? Das sind zwei völlig verschiedene Dinge. Wenn ein Kind weiß, dass zwei und zwei vier ist, dann bedeutet das noch lange nicht, dass es auch begreift, dass eins und drei auch vier ergeben. Ein Kind muss jedoch noch mehr mitbringen, beispielsweise kognitive Fähigkeiten, Ausdauer, körperliche und motorische Fähigkeiten, soziales Verhalten, sprachliche Eigenschaften und die Reife, sich zu konzentrieren.
Die sprachlichen Fähigkeiten
Um schulreif zu sein, müssen Kinder einen Satz ohne große grammatische Fehler formulieren. Es muss die Einzahl von der Mehrzahl, wie auch zwischen Vergangenheit und Gegenwart unterscheiden können. Es reicht nicht, wenn ein Kind eine kleine, auswendig gelernte Geschichte präsentieren kann, es muss verstehen, was es sagt. Wichtig ist außerdem, dass das Kind sich mit anderen Kindern und den Lehrern verständigen kann, ohne zu nuscheln oder zu stammeln.
Das soziale Verhalten
Ein Kind ist immer dann reif für die Schule, wenn auch das Sozialverhalten stimmt. Jede Schule ist eine soziale Institution, wo Kinder aus den unterschiedlichen sozialen Schichten aufeinandertreffen. Jedes Kind muss in der Lage sein, sich in die Gemeinschaft zu integrieren, sich Gruppen anzuschließen und sich anzufreunden. Ein Kind, dem es schwerfällt, sich mit anderen Kindern zu verständigen oder das sogar Angst hat, sich einer Gruppe anzuschließen, ist nicht reif für die Schule. Wie hat sich das Kind im Kindergarten verhalten? Daran lässt sich bereits ablesen, wie gut oder weniger gut das soziale Verhalten von Kindern ist.
Die körperlichen Fähigkeiten
Nicht nur die geistigen Fähigkeiten verraten den Experten, ob ein Kind reif für die Schule ist, auch die körperliche Fitness ist ein wichtiges Kriterium. Ist das Kind überhaupt in der Lage, einen Tornister zu tragen? Kann es sich für den Sportunterricht selbstständig an- und ausziehen? Kann das Kind ohne Probleme den anderen Kindern beim Sportunterricht folgen oder ist es beim Tempo schnell überfordert? Das alles sind Fragen, über die sich die Eltern Gedanken machen müssen. Ein hübscher Schulranzen für Mädchen wiegt auch im ersten Schuljahr schon einiges. Wenn das Kind nicht in der Lage ist, diesen Ranzen zur Schule und wieder nach Hause zu tragen, dann ist es noch nicht reif für die Schule.
Die kognitiven Fähigkeiten
Die kognitiven Fähigkeiten sind der wohl wichtigste Punkt bei der Frage, ob ein Kind vorzeitig eingeschult wird oder nicht. Bei diesen Fähigkeiten kommt es darauf an, wie gut ein Kind über seine Sinne die Umwelt auf- und wahrnimmt. Kann das Kind Informationen in seinem Gehirn verarbeiten, speichern und Gegenstände nach ihrer Bedeutung sortieren? Um schulreif zu sein, muss ein Kind Begriffspaare wie beispielsweise „langsam-schnell“, „hoch-niedrig“ oder „leise-laut“ einordnen können. Zudem sollte das Kind logisch denken können und sich sinnvoll mitteilen. Es muss in der Lage sein, einfache Formen zu zeichnen und dann mit der Schere ausschneiden zu können.
Stimmen die motorischen Fähigkeiten und die Konzentration?
Kinder, die in die Schule gehen, müssen eigenständiger handeln, als das noch im Kindergarten der Fall war. Das betrifft vor allem die motorischen Fähigkeiten. So muss das Kind in der Lage sein, Treppen selbstständig zu bewältigen oder im Sportunterricht einen Ball zu fangen. Selbst wenn es einfach klingt, kleine Kinder können nur mit Mühe einen Stift über einen längeren Zeitraum halten. In der Schule wird das jedoch vorausgesetzt. Stimmen muss auch die Konzentrationsfähigkeit. Mindestens 15 Minuten muss ein Kind still sitzen und sich konzentrieren können, um schulreif zu sein. Auch das Zuhören über einen längeren Zeitraum gehört zu der Fähigkeit, sich zu konzentrieren. Ausreichend ist leider nicht, dass ein Kind ein Bildbuch betrachten kann, für die Schulreife wird einiges mehr verlangt.
Wie sieht es mit der Ausdauer aus?
Niederlagen wegstecken und etwas noch einmal probieren, wenn es nicht auf Anhieb klappt – wenn Kinder das ohne Probleme können, ist das ein Zeichen für Schulreife. Kann das Kind mit Ausdauer länger als 20 Minuten alleine spielen? Ist es in der Lage, das Spiel zu unterbrechen und dann wieder aufzunehmen, ohne dabei neu beginnen zu müssen? Kinder, die das problemlos können, sind reif für die Schule. Ist das nicht der Fall, dann spricht das eher für ein kindliches Verhalten und für einen Verbleib im Kindergarten.
Im Zweifel gegen die Schule
Eltern, die ihr Kind vorzeitig einschulen möchten, müssen sich über einige Dinge im Klaren sein. Eine vorzeitige Einschulung heißt: Für das Kind gilt die Schulpflicht und die Entscheidung lässt sich nicht mehr zurücknehmen. Es ist immer besser, mit Fachleuten zu sprechen und sich mehrere Meinungen einzuholen, ob das Kind wirklich in die Schule passt oder eher nicht. Eltern sollten ihre Kinder nicht in eine bestimmte Richtung drängen und die Schule weder negativ noch extrem attraktiv schildern.
Fazit
Bestehen Zweifel oder gibt es noch Unklarheiten, ist es immer die bessere Entscheidung, mit der Schule noch zu warten. Viele Kinder sind einfach noch nicht reif für die Schule, sie brauchen noch ein Jahr im Kindergarten, um sich zu entwickeln. Ist das der Fall, dann sollten Eltern das akzeptieren und das Kind nicht unter ihrem falschen Ehrgeiz leiden lassen. Manche Kinder sind zwar eher reif als andere Kinder, mit Klugheit oder Dummheit hat das jedoch nichts zu tun.
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