EuGH setzt hohe Hürden für Aberkennung von Flüchtlingseigenschaft

Luxemburg () – Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat hohe Hürden für die Aberkennung und Ablehnung der Flüchtlingseigenschaft gesetzt. Voraussetzungen für eine solche Maßnahme gegenüber einem Drittstaatsangehörigen seien, dass dieser “eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr” darstelle, die ein Grundinteresse der Allgemeinheit berühre, teilten die Luxemburger Richter am Donnerstag mit.


Zudem müsse den “Grundsatz der Verhältnismäßigkeit” wahren. Der Gerichtshof entschied, dass das Bestehen einer Gefahr für die Allgemeinheit des Mitgliedstaats, in dem sich der betreffende Drittstaatsangehörige aufhält, nicht schon allein deshalb als erwiesen angesehen werden könne, weil dieser wegen einer besonders schweren Straftat rechtskräftig verurteilt wurde. Denn eine zur Aberkennung getroffene Maßnahme hänge davon ab, dass zwei unterschiedliche Voraussetzungen erfüllt seien, nämlich zum einen, dass der betreffende Drittstaatsangehörige wegen einer besonders schweren Straftat rechtskräftig verurteilt wurde, und zum anderen, dass festgestellt wurde, dass er eine Gefahr für die Allgemeinheit des Mitgliedstaats darstellt, in dem er sich aufhält. Sind die beiden im Unionsrecht vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt, könne ein Mitgliedstaat die Flüchtlingseigenschaft aberkennen, ohne jedoch verpflichtet zu sein, von dieser Gebrauch zu machen, so der EuGH. Ferner wies der Gerichtshof darauf hin, dass eine Maßnahme der Aberkennung bzw. Ablehnung nur auf einen Drittstaatsangehörigen angewandt werden könne, der wegen einer Straftat rechtskräftig verurteilt wurde, die aufgrund ihrer spezifischen Merkmale insofern als Straftat, die eine außerordentliche Schwere aufweist, angesehen werden kann, als sie zu den Straftaten gehört, die die Rechtsordnung der betreffenden am stärksten beeinträchtigen.

Dieser Schweregrad könne überdies nicht durch eine Kumulierung verschiedener Straftaten erreicht werden, von denen keine als solche eine besonders schwere Straftat darstellt. Die Beurteilung des Schweregrads beinhalte eine Würdigung sämtlicher besonderer Umstände des fraglichen Falls, wie etwa insbesondere Art und Maß der angedrohten und erst der verhängten Strafe, die Art der begangenen Straftat, etwaige mildernde oder erschwerende Umstände, die Frage, ob diese Straftat vorsätzlich begangen wurde, Art und Ausmaß der durch die Straftat verursachten Schäden sowie die Art des Strafverfahrens zur Ahndung der Straftat.

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Bildhinweis: Europäischer Gerichtshof

EuGH setzt hohe Hürden für Aberkennung von Flüchtlingseigenschaft

Zusammenfassung

  • EuGH setzt hohe Hürden für Aberkennung und Ablehnung der Flüchtlingseigenschaft
  • Voraussetzung: Drittstaatsangehöriger stellt “tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr” für Allgemeinheit dar
  • Entscheidung muss “Grundsatz der Verhältnismäßigkeit” wahren
  • Rechtskräftige Verurteilung wegen schwerer Straftat allein nicht ausreichend für Aberkennung
  • Unionsrechtliche Voraussetzungen erfüllt: Mitgliedstaat kann Flüchtlingseigenschaft aberkennen, aber nicht verpflichtet
  • Aberkennung/Ablehnung nur bei Drittstaatsangehörigen mit rechtskräftiger Verurteilung wegen Straftat mit “außerordentlicher Schwere”
  • Schweregrad nicht durch Kumulierung verschiedener Straftaten erreichbar
  • Beurteilung des Schweregrads beinhaltet Würdigung aller besonderer Umstände des Falls
  • Fazit

    Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat strenge Bedingungen für die Aberkennung oder Ablehnung des Flüchtlingsstatus festgelegt. Diese können nur erfolgen, wenn ein Asylbewerber “eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr” darstellt, die ein Grundinteresse der Allgemeinheit betrifft, und wenn die Entscheidung den “Grundsatz der Verhältnismäßigkeit” wahrt. Eine Gefahr für die Allgemeinheit kann laut EuGH nicht allein aufgrund einer Verurteilung wegen einer besonders schweren Straftat angenommen werden, sondern es müssen beide Voraussetzungen erfüllt sein.

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