Kommission benennt Regierungs-Versäumnisse bei Afghanistan-Einsatz

Berlin () – Während des Afghanistan-Einsatzes haben die verschiedenen Bundesregierungen das nach derzeitigen Erkenntnissen der Afghanistan-Enquetekommission des Bundestags nur unzureichend mit Informationen versorgt. “Den Abgeordneten lagen vor den Mandatsverlängerungen Informationen aus einzelnen Ressorts vor”, sagte der Kommissionsvorsitzende Michael Müller (SPD) dem “Redaktionsnetzwerk Deutschland” (Freitagsausgabe).


“Die verschiedenen Bundesregierungen haben dem während des Einsatzes aber kein vernetztes Lagebild geliefert.” Der vernetzte Ansatz – also die Verzahnung militärischer, polizeilicher, diplomatischer, entwicklungspolitischer und humanitärer Instrumente – habe nur unzureichend funktioniert, sagte Müller. “Er wurde hier in Berlin nicht gelebt und nicht vor Ort.” Auch die SPD-Obfrau in der Kommission, Derya Türk-Nachbaur, bemängelte “eine fehlende Koordinierung von Tag eins an”. Es habe zwar einen Austausch zwischen den beteiligten Ministerien gegeben, etwa auf Ebene der Staatssekretäre, insgesamt habe aber ein “Silo-Denken” geherrscht. Müller sagte, Deutschland sei nicht ausreichend vorbereitet in den Einsatz gegangen. Dort sei dann die große Abhängigkeit von den USA ohne eine eigene Strategie ein Problem gewesen. “Bis heute haben wir wohl Land und Leute nicht verstanden.” Vertrauen bei der sei verspielt worden. “Die Taliban nicht frühzeitig zu berücksichtigen, war ein Kardinalfehler.” Gefehlt habe außerdem eine “Exit-Strategie: Wie kommen wir so raus, dass die Strukturen danach erhalten bleiben, die wir aufgebaut haben.” Müller erwartet eine deutliche Benennung von Fehlern im Zwischenbericht, der für das Ende dieses oder den Beginn des kommenden Jahres erwartet wird. “Es kann ja niemand behaupten, alles sei gut gewesen”, sagte er. “Im Ergebnis ist uns nicht das gelungen, was wir uns vorgenommen haben.” Die Enquetekommission soll Lehren aus dem deutschen Engagement in Afghanistan für die künftige Außen- und Sicherheitspolitik ziehen. Die Bestandsaufnahme will sie bis zur Sommerpause abschließen.

Danach sollen Schlussfolgerungen gezogen werden. Die Vorlage eines Abschlussberichts ist für 2025 geplant.

Text-/Bildquelle: Übermittelt durch www.dts-nachrichtenagentur.de
Bildhinweis: Ashraf Ghani und Angela Merkel

Kommission benennt Regierungs-Versäumnisse bei Afghanistan-Einsatz

Zusammenfassung

  • Bundesregierungen haben während des Afghanistan-Einsatzes das Parlament unzureichend informiert.
  • Kommissionsvorsitzender Michael Müller kritisiert fehlendes “vernetztes Lagebild”.
  • Der “vernetzte Ansatz” funktionierte nur unzureichend und wurde weder in Berlin noch vor Ort umgesetzt.
  • Kritik am Silo-Denken und fehlender Koordination seit Beginn des Einsatzes.
  • Deutschland war unzureichend vorbereitet und abhängig von den USA ohne eigene Strategie.
  • Vertrauen der Bevölkerung verspielt und Taliban-Strategie fehlerhaft.
  • Fehlende Exit-Strategie zum Erhalt aufgebauter Strukturen.
  • Zwischenbericht erwartet Fehlereingeständnisse Ende dieses oder Anfang kommenden Jahres.
  • Enquetekommission soll Lehren für künftige Außen- und Sicherheitspolitik ziehen, Abschlussbericht für Sommer 2025 geplant.

Fazit

Die Afghanistan-Enquetekommission des Bundestags hat die unzureichende Informationsversorgung des Parlaments durch verschiedene Bundesregierungen während des Afghanistan-Einsatzes bemängelt. Dem Kommissionsvorsitzenden zufolge, Michael Müller, war die Verzahnung von militärischen, polizeilichen, diplomatischen, entwicklungspolitischen und humanitären Instrumenten ungenügend und das Fehlen einer Exit-Strategie problematisch. Die Kommission soll Lehren für die künftige deutsche Außen- und Sicherheitspolitik formulieren. Der einstweilige Bericht wird Ende 2022 oder Anfang 2023 erwartet, der Abschlussbericht für Sommer 2025.

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