Preisdeckel für russisches Öl floppt

Kiew () – Der westliche Preisdeckel für russische Ölausfuhren funktioniert offenbar nur unzureichend. Im Zuge des weltweiten Preisanstiegs an den Rohstoffmärkten hat sich Öl der russischen Sorte Urals stark verteuert, zuletzt auf mehr als 70 Dollar pro Barrel.


Auch in den wichtigsten russischen Exporthäfen hätten die Barrel- die eigentlich vorgesehene Grenze von 60 Dollar deutlich überschritten, sagte der Ökonom Benjamin Hilgenstock dem “Spiegel”. Hilgenstock arbeitet am KSE Institute der Kyiv School of Economics und gehört zu einem Forscherteam, welches Exportrouten russischen Öls beobachtet. Die Industrienationen des G7-Clubs hatten Reedereien und Schiffsversicherungen eigentlich dazu verpflichtet, russisches Öl zu Preisen oberhalb von 60 Dollar nicht mehr zu transportieren. Offenbar hakt es dabei aber an der Durchsetzung.

Die Regelung könne nur funktionieren, “wenn Regierungen den Firmen glaubwürdig demonstrieren, dass sie diese auch durchsetzen werden”, sagte Hilgenstock. Reeder und Versicherer müssen bislang lediglich eine halbseitige “Attestation” ihrer Kunden einholen. Unklar ist, ob und in welchem Ausmaß der G7-Staaten diese Bescheinigungen prüfen und Verletzungen des Sanktionsregimes ahnden. Eine Sprecherin der EU-Kommission teilte dem “Spiegel” mit, zuständig seien “verschiedene nationale zuständige Behörden”.

Sie ließ offen, um welche es sich handelt. über ermittelte Verstöße lägen nicht vor. Kein Mitgliedstaat habe über die Einleitung von Verfahren gegen Sanktionsbrecher informiert. Auch der Bundesregierung liegen keine entsprechenden Angaben vor.

Die Voraussetzungen für eine Durchsetzung des Preisdeckels wären dabei noch immer gegeben. Ein Großteil der russischen Ölexporte aus dem Ostseehafen Primorsk und aus Noworossijsk am Schwarzen Meer wird weiterhin noch unter Beteiligung westlicher Reeder und Versicherer abgewickelt. Das sei “in der schlechten die gute Nachricht”, so Hilgenstock. Prinzipiell sei der Mechanismus, auf dem der Preisdeckel basieren soll, noch intakt.

Sollten die G7 allerdings nicht aktiv werden, könnten Russlands Öleinnahmen im kommenden Jahr mit 188 deutlich höher ausfallen, als bei entschlossener Durchsetzung des Preisdeckels (144 Milliarden Dollar), so Berechnungen des KSE Institutes.

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Bildhinweis: Tanklager (Archiv)

Preisdeckel für russisches Öl floppt

Zusammenfassung

  • Preisdeckel für russische Ölausfuhren funktioniert unzureichend
  • Öl der russischen Sorte Urals hat sich auf mehr als 70 Dollar pro Barrel verteuert
  • Barrel-Preise in russischen Exporthäfen überschreiten 60-Dollar-Grenze
  • G7-Nationen machen Durchsetzung des Preisdeckels von glaubwürdigen Sanktionen abhängig
  • Unklarheit über zuständige nationale Behörden und mögliche Sanktionsverletzungen
  • Russische Öleinnahmen könnten im kommenden Jahr deutlich höher ausfallen als bei Durchsetzung des Preisdeckels
  • Fazit

    Der Preisdeckel von 60 Dollar pro Barrel für russisches Öl, den die G7-Länder eingeführt haben, wird offenbar nicht durchgesetzt. Der Ökonom Benjamin Hilgenstock erklärt, der für die russische Ölsorte Urals sei auf über 70 Dollar gestiegen und es sei unklar, ob und in welchem Ausmaß die G7-Staaten entsprechende Verstöße ahnden. Ohne Durchsetzung des Preisdeckels könnten Russlands Öleinnahmen 2023 auf 188 Milliarden Dollar steigen, statt bei einer effektiven Umsetzung der Maßnahmen bei 144 Milliarden Dollar zu liegen, so Berechnungen des KSE Institutes.

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