Ökonom Felbermayr: Krieg ist "Konjunkturmotor" für Russland

Wien () – Nach Einschätzung des Wiener Ökonomen Gabriel Felbermayr bremsen westliche Sanktionen die russische Wirtschaft nur begrenzt. “Natürlich leidet die russische Wirtschaft unter den westlichen Sanktionen, andererseits ist sie in anderthalb Jahren in den Modus einer Kriegswirtschaft gewechselt”, sagte Felbermayr den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Mittwochsausgaben).


“Der Krieg ist für ein Konjunkturmotor: Die Rüstungs- und die Ausrüstungsindustrie laufen auf Hochtouren.” Rund vier bis fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts flössen in die Kriegsanstrengungen. “Die westlichen Sanktionen kosten die russische Wirtschaft zwei bis drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts”, fügte Felbermayr hinzu, der das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung in Wien leitet. “Und der Schaden wird über die Jahre noch größer: Vor allem, weil russische Betriebe von dringend benötigten -Importen abgeschnitten werden. Es fehlen Ersatzteile und Knowhow, Investitionen finden nicht statt.”

Im Jahr 2022 dürfte das russische Bruttoinlandsprodukt nach Schätzung des Internationalen Währungsfonds zwei Prozent geschrumpft sein, so der Wirtschaftswissenschaftler. “2023 wird die russische Wirtschaft vermutlich um etwa einen Prozentpunkt wachsen. Für 2024 rechnen wir aufgrund weltwirtschaftlicher Eintrübungen und dem starken Verfall des Rubels mit weiterhin schwachem Wachstum.”

Die westlichen Sanktionen würden häufig durch Re-Exporte aus Drittstaaten, zum Beispiel der Eurasischen Zollunion umgangen. “Diesem Binnenmarkt gehören auch Belarus, Armenien, Kasachstan und Kirgisistan an. Die Exporte aus in diese vier Länder sind im ersten Halbjahr 2023 im Vergleich zum ersten Halbjahr 2021 um 124 Prozent angestiegen”, so Felbermayr. “Man kann davon ausgehen, dass viele dieser Güter in den russischen Markt re-exportiert worden sind.”

Auch die Türkei und spielten bei den Re-Exporten eine bedeutende Rolle. “Es gibt ernstzunehmende anekdotische Hinweise, dass westliche Technologie in russischen Waffen verwendet wird”, unterstrich der Ökonom. “Die Exporte von Drittstaaten nach Russland könnte man nur unterbinden, indem man Länder wie die Türkei oder China mit extraterritorialen Sanktionen belegt. Das würde allerdings die Kosten eines Sanktionsregimes für die europäische Wirtschaft massiv erhöhen.”

Text-/Bildquelle: Übermittelt durch www.dts-nachrichtenagentur.de
Bildhinweis: Finanzviertel von Moskau (Archiv)

Ökonom Felbermayr: Krieg ist "Konjunkturmotor" für Russland

Zusammenfassung

  • Westliche Sanktionen begrenzen die russische Wirtschaft nur begrenzt
  • Russland wechselte zu einer Kriegswirtschaft
  • Rüstungs- und Ausrüstungsindustrie läuft auf Hochtouren
  • Westliche Sanktionen kosten 2-3% des BIP
  • Russisches BIP dürfte 2022 um 2% schrumpfen
  • 2023 erwartetes Wachstum von rund 1%
  • Re-Exporte aus Drittstaaten umgehen Sanktionen
  • Fazit

    Die westlichen Sanktionen gegen Russland haben nur begrenzte Auswirkungen auf dessen Wirtschaft, während der Krieg für das Land als Konjunkturmotor wirkt, sagt der Wiener Ökonom Gabriel Felbermayr. Derzeit fließen 4-5 % des russischen Bruttoinlandsprodukts in die Kriegsanstrengungen, während die westlichen Sanktionen die Wirtschaft um 2-3 % schädigen. Felbermayr fügt hinzu, dass dieser Schaden im Laufe der Jahre noch größer werden wird, vor allem weil russische von dringend benötigten Technologieimporten abgeschnitten werden.

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