Online-Zensur – was blockt #Facebook und was nicht?

Nach Artikel 19 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte wird die Meinungsfreiheit jedes Menschen geschützt. Er darf seine Meinung verbreiten und die Meinungen anderer hören, eine staatliche Zensur ist laut Artikel 19 damit verboten. Als diese Erklärung verfasst wurde, gab es das Internet noch nicht und was die freie Meinungsäußerung angeht, war vieles einfacher. Jetzt gibt es das Internet und die sozialen Netzwerke und dort herrscht offenbar eine immer strengere Online-Zensur. Mittlerweile sind 300 Medienberichte zur Zensur in den sozialen Netzwerken bekannt und in 74 % dieser Berichte ging es um das größte soziale Netzwerk der Welt – Facebook.

Online-Zensur in politisch unruhigen Zeiten

Wer noch vor 30 Jahren mit der Politik unzufrieden war, der schrieb einen Leserbrief an die Zeitung oder diskutierte darüber mit Freunden am Stammtisch. Heute werden Kommentare in den sozialen Netzwerken gepostet und da das Internet anonym ist, nehmen die User kein Blatt vor den Mund und posten auch sogenannte Hasskommentare. 4,7 Milliarden Beiträge hat alleine Facebook und der Druck auf das soziale Netzwerk vonseiten der Politik, was die Online-Zensur angeht, wird immer stärker. Eine neue Brisanz bekam das Thema Online-Zensur während des amerikanischen Wahlkampfs, denn auch hier sah sich Facebook gezwungen, einige Kommentare und Beträge der Nutzer zu entfernen. Für die Bürgerrechtsorganisationen ist das ein Affront, denn sie berufen sich auf die Meinungsfreiheit, die immer beschnitten wird, wenn Facebook Beiträge löscht.

Keine Nacktbilder

Neben Facebook stehen aber auch andere soziale Netzwerke mehr und mehr in der Kritik. An zweiter Stelle steht dabei Instagram, ein Netzwerk, das im Fokus von 16 % der Medienbeiträge steht, gefolgt vom Nachrichtendienst Twitter mit sieben Prozent. Online-Zensur wird aber auch bei YouTube, bei Flickr und Google+ beobachtet, allerdings spielen diese Networks eine eher untergeordnete Rolle. Ganz gleich, um welche Plattform es geht, fast die Hälfte der gelöschten Beiträge enthielten Nacktfotos, wobei in den USA ein Foto als Nacktfoto gilt, wenn nur ein Körperteil, beispielsweise ein Bein nackt auf dem Foto zu sehen ist.

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Die Nutzer wehren sich

82 % der gelöschten Kommentare und Beiträge in den sozialen Netzwerken sind in englischer Sprache, dann folgen weit abgeschlagen Kommentare in Spanisch (drei Prozent) und in Deutsch (zwei Prozent). Nicht jedem User gefällt es, wenn seine Beiträge einfach so gelöscht werden, und knapp 45 % dieser User gehen mit rechtlichen Mitteln gegen Facebook und Co. vor. Das gilt auch für die zehn Prozent der sogenannten Hasskommentare, die nach Meinung der meisten Nutzer ebenfalls zur Meinungsfreiheit gehören und die Ziel der Online-Zensur geworden sind.

Die bizarren Fälle

Mitunter sind die Gründe, warum auf Facebook Fotos oder Beiträge gelöscht werden, nur sehr schwer nachzuvollziehen. So wurde zum Beispiel ein Blogger aus Indien zeitweise gesperrt, nur weil er ein Foto von einer Katze gepostet hatte, die einen Anzug trägt. Ebenso unverständlich ist es, dass ein Foto mit einer Zeichnung der Hand von Erasmus von Rotterdam, die vom Maler Hans Holbein angefertigt wurde, von Facebook ohne Angabe von Gründen gelöscht wurde. Die Zeichnung stammt aus dem 16. Jahrhundert, aber vielleicht hat Facebook an diesem Kunstwerk gestört, dass die gezeichnete Hand nackt war.

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Die User sollen mehr Rechte bekommen

Immer mehr Aktivisten wollen erreichen, was Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) unbedingt vermeiden will: Die User sollen mehr Rechte bekommen. Die Aktivisten appellieren an die sozialen Netzwerke, ihren Nutzern einfache Möglichkeiten anzubieten, um gegen eine Löschung vorgehen zu können, wenn sie ungerechtfertigt ist. Zudem fordern sie die sozialen Netzwerke wie Facebook oder Instagram dazu auf, im Vorfeld deutlicher darzustellen, welche Nachrichten, Kommentare und Fotos akzeptiert werden und welche nicht. Die Richtlinien und auch die Werte müssen klarer als bisher definiert und was vielleicht noch wichtiger ist, öffentlich dargelegt werden.

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Ulrike Dietz