In der Union gibt es Bedenken gegen ein mögliches Verbotsverfahren der AfD, da es als Wahlgeschenk für die Partei interpretiert werden könnte, das deren Mobilisierung vor den bevorstehenden Wahlen begünstigt. Verfassungsrechtler Sven Hölscheidt warnt, dass der Ausgang eines solchen Verfahrens ungewiss sei und es Jahre dauern könnte, bis es abgeschlossen ist, während die AfD direkt gegen ein Verbot vor das Europäische Gericht für Menschenrechte ziehen könnte. Er schlägt stattdessen eine Grundgesetzänderung zum Schutz des Bundesverfassungsgerichts und eine stärkere Fokussierung auf gute politische Arbeit der anderen Parteien vor, um der AfD zu verhindern, im Parlament eine Sperrminorität oder sogar eine Mehrheit zu erringen.
Berlin () – In der Union gibt es Widerstand gegen ein mögliches AfD-Verbotsverfahren. „Ein Verbotsverfahren wäre ein Wahlgeschenk für die AfD“, sagte Hendrik Hoppenstedt, Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion, dem „Handelsblatt“ (Montagausgabe). Die Partei könnte dann die Geschichte von den vermeintlich „letzten freien Wahlen“ verbreiten und so mobilisieren, sagte der CDU-Politiker mit Blick auf die geplante Bundestagswahl im Februar.
Der Verfassungsrechtler Sven Hölscheidt, Professor an der Freien Universität Berlin, hält ein mögliches Verbotsverfahren gegen die AfD für riskant. Hölscheidt war lange Zeit für den Bundestag als „Leiter des Fachbereichs Verfassung und Verwaltung“ tätig. Der Zeitung sagte er: „Der Ausgang solcher Verfahren ist höchst ungewiss.“ Die Verfahren würden wohl nicht vor den übernächsten Bundestagswahlen in mehr als vier Jahren abgeschlossen sein. Selbst wenn das Bundesverfassungsgericht die AfD dann tatsächlich für verfassungsfeindlich erklären würde, könnten „die Betroffenen im nächsten Schritt den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anrufen“. Schließlich bedeute ein Parteiverbot die Verwirkung von Grundrechten einzelner.
Für sinnvoll hält Hölscheidt die Grundgesetzänderung zum Schutz des Bundesverfassungsgerichts vor Extremisten im Bundestag. Zudem mahnte er die anderen Parteien, „gute Politik“ zu machen und so zu verhindern, dass die AfD nach der Bundestagswahl eine Sperrminorität im Parlament erringt. „Je mehr Extremisten in den Parlamenten vertreten sind, desto weniger ist es möglich, sie dort mit rechtlichen Mitteln zu bekämpfen“, sagte Hölscheidt. „Erreichen sie eine Sperrminorität, ist das schon bedrohlich – erreichen sie die Mehrheit, ist das der Kipppunkt: Sie haben das Parlament und damit die Gesetzgebung in der Hand.“
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