Migrationsbevollmächtigter will Asylprüfungen außerhalb der EU

  • Sonderbevollmächtigter der Bundesregierung für Migrationsabkommen, Joachim Stamp, spricht sich für Asylprüfungen außerhalb der EU aus.
  • Stamp sucht Partnerland, in dem Asylverfahren von UN-Organisationen durchgeführt werden.
  • EU würde anerkannten Asylbewerbern und regulären Arbeitsbewerbern helfen, Partnerland würde diejenigen zurücknehmen, die die Kriterien nicht erfüllen.
  • Stamp optimistisch über Migrationsabkommen mit Georgien und Moldau zur Eindämmung irregulärer Migration.
  • Beide Länder interessiert an der Einstufung als sicheres Herkunftsland.
  • Stamp kündigt neue Migrationspartnerschaft mit Marokko an, Abkommen mit anderen Ländern benötigen längere Vorbereitungszeit.
  • Migrationsexperte Gerald Knaus hält Abkommen mit Türkei und Irak für strategisch wichtig.
  • Türkei sollte Visaliberalisierungen und legale Arbeitsmigration angeboten werden, wenn Menschenrechtslage verbessert wird.
  • Abkommen mit nord- und westafrikanischen Staaten ebenfalls wichtig, da viele irreguläre Einwanderer über zentrales Mittelmeer in die EU kommen.

Berlin () – Der Sonderbevollmächtigte der Bundesregierung für Migrationsabkommen, Joachim Stamp (FDP), hat sich für Asylprüfungen außerhalb der EU ausgesprochen. “Ideal wäre es, dass wir ein Partnerland fänden, in dem Asylverfahren menschenrechtskonform von UN-Organisationen durchgeführt würden”, sagte Stamp der “Welt am Sonntag”.

“Europa würde diesem Partnerland die anerkannten Asylbewerber abnehmen und anderen aufzeigen, wie sie sich regulär für den europäischen bewerben können.” Wer die Kriterien nicht erfülle, müsse in sein Heimatland zurückkehren. Im Moment gibt es laut Stamp noch kein Land außerhalb der EU, das sich zu einer Prüfung der Asylverfahren bereit erklärt hätte. Er halte es aber für sinnvoll, “diese im Rahmen von Migrationsabkommen näher zu prüfen”.

Das könne “einer der Wege sein, um das Sterben auf dem Mittelmeer zu beenden”. Auch Innenministerin Nancy Faeser (SPD) will eine Auslagerung von Asylverfahren in Drittstaaten prüfen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hingegen bezweifelt, dass es für Einrichtungen außerhalb der EU eine Perspektive gibt. Kurz nach dem Migrationsgipfel von Bund und Ländern am vergangenen Mittwoch zeigte sich Stamp außerdem optimistisch, schnell Migrationsabkommen mit Georgien und Moldau zu schließen, um irreguläre Migration aus diesen Staaten zu unterbinden.

In beiden Ländern gibt es offenbar ein Interesse daran, als sicheres Herkunftsland eingestuft zu werden, wie es die Regierungschefs von Bund und Ländern planen. “Georgien und Moldau wollen ihre Bürger im eigenen Land behalten, und sie möchten ihre Visafreiheit für die EU unbedingt behalten”, sagte Stamp. Bürger dieser Länder, die als Asylsuchende nach reisten, würden zu über 99 Prozent abgelehnt. “Das ist den Ländern geradezu unangenehm.”

Sobald Bundestag und Bundesrat einer Einstufung zustimmten, könnten viele wesentlich schneller nach Moldau oder Georgien zurückgebracht werden. “So senken wir den Anreiz für nicht schutzbedürftige Bürger dieser Staaten, nach Deutschland zu ziehen, auf nahe Null.” Stamp kündigte auch an, mit Marokko “eine neue Migrationspartnerschaft” aufzubauen. Es ist zu erwarten, dass Abkommen mit anderen Ländern eine längere Vorbereitungszeit brauchen.

Viele Staaten wollen abgelehnte Asylbewerber nicht ohne Weiteres zurücknehmen. Laut dem Migrationsexperten Gerald Knaus wären Abkommen mit der Türkei und dem Irak für Deutschland nun “strategisch am wichtigsten”. Aus dem Irak kämen viele Schutzsuchende, deren Asylanträge abgelehnt würden. “Der Türkei sollte man nach den Wahlen Visaliberalisierungen und legale Arbeitsmigration in Aussicht stellen”, sagte Knaus.

Voraussetzung sei, dass sie die Menschenrechtslage im Land so verbessert, “dass Türken in der EU keinen Schutz mehr brauchen und die Türkei das bestehende Rücknahmeabkommen umsetzt”. Auch Abkommen mit einigen nord- und westafrikanischen Staaten seien wichtig. Über das zentrale Mittelmeer kämen derzeit die meisten irregulären Einwanderer in die EU. Viele überlebten die Fahrt über das Mittelmeer nicht. Scholz hatte sich auf dem Bund-Länder-Gipfel in dieser Woche zur Ausweitung stationärer Grenzkontrollen vom bayerischen Abschnitt zu Österreich auf andere Grenzen bereit erklärt, falls die betreffenden Bundesländer dies einforderten.

Die Innenminister Brandenburgs und Sachsens, Michael Stübgen und Armin Schuster (beide CDU) fordern jetzt Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) auf, stationäre Kontrollen für die aktuell stark frequentierte Grenze zu Polen umgehend bei der EU zu notifizieren: “Es ist gut, dass unsere Forderung nach Grenzkontrollen beim Flüchtlingsgipfel Zustimmung gefunden hat. Nun ist es an Bundesinnenministerin Faeser diesen gemeinsamen Willen der Ministerpräsidentenkonferenz umgehend umzusetzen. Das beinhaltet ausdrücklich eine Notifizierung bei der EU, den Grenzkontrollen in Bayern entsprechend. Ohne EU-Notifizierung und der damit verbundenen Möglichkeit von Zurückweisungen, wären Grenzkontrollen nicht viel mehr als die statistische Erfassung irregulärer Einreisen”, sagten sie der Zeitung. Nach Italien hat nun auch Bulgarien die Rücknahme von illegal weiterwandernden Asylsuchenden weitgehend eingestellt. Laut einer Liste des Zentrums zur Unterstützung der Rückkehr (ZUR) aus dieser Woche, die “Welt am Sonntag” vorlieget, “akzeptiert Bulgarien maximal 10 Personen pro Woche aus allen EU-Mitgliedstaaten” zusammen, weswegen es “zu kurzfristigen Stornierungen seitens Bulgarien” kommt. Italien hat die Rücknahme seit Dezember vollständig ausgesetzt. Nach Griechenland gibt es schon seit Jahren so gut wie keine Dublin-Überstellungen, 2022 waren es null.

Insgesamt gab es laut Bundesamt für Migration und (Bamf) im laufenden Jahr bis Ende April schon etwas mehr als 100.000 Asylerstanträge, überwiegend von Personen, die zuvor in anderen EU-Staaten waren. Doch das Bamf stellte im selben Zeitraum nur 29.129 sogenannte “Dublin-Überstellungsersuchen” an andere EU-Staaten, 20.231-mal stimmte der jeweilige Staat der Überstellung zu. Doch nur 1.552 Menschen wurden tatsächlich bisher im gesamten Jahr dorthin zurückgebracht.

Text-/Bildquelle: Übermittelt durch www.dts-nachrichtenagentur.de
Bildhinweis: Grenzzaun zwischen Mazedonien und Griechenland

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